Die deutsche Ausgabe der "Huffington Post"
ist seit heute online. Die US-Mischung aus Blog-Plattform und
Nachrichtenportal feiert seit Jahren international Erfolge. Umstritten
ist aber das Geschäftsmodell, weil Blogger kostenlos Beiträge liefern.
Von Kaveh Kooroshy für tagesschau.de
Die "Huffington Post" setzt vor allem auf
Blogger. Sie sollen ihre Texte kostenlos zur Verfügung stellen. Dafür
gibt es den Ruhm, für die "HuffPo" zu schreiben.
Von diesem Geschäftsmodell hält der Blogger Kai
Peterman ("Stilsucht") nichts und veröffentlichte seine Antwort auf die
Anfrage der neuen deutschen Ausgabe der "Huffington Post": "Ich gebe den
Vorschlag gerne an meinen Vermieter, den Lebensmittelhändler, den
Tankwart und die Telekom weiter, vielleicht kann ich dort ja ebenfalls
ohne Bezahlung alle nötigen Dinge bekommen." Dennoch hat er Verständnis
für Blogger, die das Angebot annehmen. "Es ist jedem selbst überlassen,
wie man mit der eigenen Arbeit umgeht. Die meisten, die diesem Angebot
zustimmen, werden aber wohl auch einen richtigen Job haben", sagte er tagesschau.de.
Romy Mlinzk schreibt den Blog "snoopsmaus" (snoopsmaus.de) und will bei der "Huffington Post" mitmachen.
So auch Bloggerin Romy Mlinzk ("snoopsmaus"). Sie
hatte auf ihrem Blog angekündigt, bei der "Huffington Post" mitmachen
zu wollen, und erntete dafür nicht nur Verständnis. "Es geht mir nicht
um einen monetären Gewinn, sondern um die Steigerung meiner Lesbarkeit
und die Referenz 'Huffington Post', die im Ausland oft als hervorragend
angesehen wird", sagte sie tagesschau.de. "Der einzige Grund für mich zu bloggen war: Ich möchte meine Gedanken mitteilen und gelesen werden."
Gratisarbeit kann sich lohnen
Diese Möglichkeiten zu bieten, sei das
Erfolgsmodell der "HuffPo", sagt der Chefredakteur der deutschen
Ausgabe, Sebastian Matthes: "Weil sie ihre Meinungen, Ideen und
Beobachtungen einem größeren Publikum vorstellen möchten, so wie es
Abertausende - übrigens ebenfalls ohne journalistischen Auftrag und ohne
Honorar - bei Facebook, Twitter, Jimdo, Blogger.com oder Tumblr tun."
Weltweit sollen so bereits 50.000 Blogger für die "Huffington Post"
geschrieben haben.
Der Deutsche Journalistenverband findet, dass
Blogger selbst entscheiden müssten, ob sie umsonst arbeiten wollen. Dies
gelte aber nicht für diejenigen, die mit dem Schreiben Geld verdienen
müssten: "Für Journalisten ist das völlig inakzeptabel, da sie von ihrer
Arbeit leben müssen. Ob sie tausend oder eine Million Leser haben,
spielt auf ihrem Kontoauszug keine Rolle".
Etablierte Medien sind auch verärgert
Gerade Journalisten sehen das Arbeitsmodell der
Internetplattform skeptisch. Denn neben Bloggern greift die "Huffington
Post" auch auf die Arbeit von Zeitungen und ihren Online-Angeboten
zurück: Die Redakteure sammeln zu einem Thema mehrere Artikel, fassen
diese in einem eigenem Text zusammen, in dem die Originale verlinkt
sind, und versehen das Ganze mit einer Überschrift. In einem zweiten
Schritt wird das Ergebnis über soziale Netzwerke vermarktet, etwa über
Twitter. In Echtzeit misst eine Software den Erfolg der Twitter-Meldung.
Wird der Artikel nicht ausreichend geklickt, bekommt er einfach eine
neue Überschrift - so lange, bis der Erfolg da ist. "Die Zeit" nannte
die Redakteure dafür "Online-Freibeuter".
Der Geschäftsführer der deutschen "Huffington
Post", Oliver Eckert, kontert die Vorwürfe, sein Medium profitiere von
der Arbeit anderer: "Weltweit arbeiten rund 700 festangestellte
Journalisten für die 'Huffington Post'. Sie recherchieren, schreiben
investigative Geschichten und kommentieren das Weltgeschehen." Zwei
Drittel aller Inhalte erarbeite das eigene Redaktionsteam. "Gastautoren,
Experten oder Blogger ergänzen das Portal mit ihren Artikeln."
Wirtschaftlicher Erfolg der "Online-Freibeuter" unklar
Inwiefern die "Huffington Post" mit ihren
"Umsonst-Schreibern" selber wirtschaftlich erfolgreich ist, ist
allerdings unklar. Sie gehört seit 2011 zum AOL-Konzern, wird aber in
dessen Geschäftsbericht nicht gesondert ausgewiesen.
Geschäftsführer Eckert verbreitet Optimismus:
"Die 'Huffington Post' ist außerordentlich erfolgreich - publizistisch
und betriebswirtschaftlich." Demonstrativ erwarb die Burda-Tochter
Tomorrow Focus AG für mindestens zehn Jahre die Lizenz für die
deutschsprachige Ausgabe. "Bereits nach zwei Jahren werden wir
profitabel arbeiten", prophezeite Eckert.
Finanzierung vor allem über Werbung
Die "Huffington Post" will sich in Deutschland,
ebenso wie in den USA, vor allem aus Werbeeinnahmen finanzieren. Das
Online-Blatt, das erst 2005 gegründet wurde, ist heute in den USA eine
der meist gelesenen Online-Zeitungen. Angeblich soll die US-Version des
Portals 160 Artikel am Tag veröffentlichen und regelmäßig rund 10.000
Leser-Kommentare verzeichnen.
Mitgegründet wurde das Erfolgsmodell von Arianna
Huffington. Die aus Griechenland stammende US-Amerikanerin startete mit
zwei Kollegen und einer Million Dollar Startkapital. Bereits ein Jahr
nach der Gründung heimste die Seite den "Webby-Award" 2006 ein. 2012
ging sogar der renommierte "Pulitzer Preis" an Autoren der "Huffington
Post". Ein Jahr zuvor hatten die Macher ihr Online-Blatt für 315
Millionen Dollar an den Internetkonzern AOL verkauft, Arianne Huffington
blieb aber auch nach dem Verkauf Chefredakteurin.
Cherno Jobatey wird Herausgeber der "HuffPo"
Seit dem Einstieg von AOL expandiert das
Unternehmen mit Hilfe von lokalen Partnern international. Zuerst
startete eine kanadische Version der "Huffington Post". Ihr folgten
England, Frankreich, Spanien und Italien. Renommierte lokale Partner
stehen dabei dem Unternehmen zur Seite, etwa Le Monde (Frankreich) und
El Pais (Spanien). Und auch eine japanische Ausgabe ist online, genauso
wie eine französisch-sprachige für die Staaten im nordafrikanischen
Maghreb.
In Deutschland (sowie Österreich und der Schweiz)
soll der Einstieg mit Hilfe des Burda-Verlages gelingen. Die Redaktion
hat ihren Sitz in München. Neben Chefredakteur Sebastian Matthes ist
Herausgeber Cherno Jobatey das Gesicht der deutschen Ausgabe. Der
48-Jährige hatte Ende 2012 nach 20 Jahren als Moderator des
ZDF-Morgenmagazins aufgehört.
Die Gründung der Deutschlandausgabe der
"Huffington Post" fällt in eine Zeit des Umbruchs: Werbeeinnahmen für
gedruckte Zeitungen sind rückläufig, immer weniger Ausgaben werden
verkauft und die Kunden sind immer älter. Gleichzeitig wird das
Online-Angebot auch dank Smartphones und Tablets immer wichtiger und
Zeitungen erreichen heute insgesamt mehr Menschen als zuvor.
Kein Vorbild für Online-Zeitungen
Die Online-Auftritte suchen nach zukunftsfähigen
Finanzierungsmodellen und die Medien experimentieren von kostenlosen
Angeboten über freiwillige Beiträge bis zu Webseiten, die nur gegen
Bezahlung erreichbar sind. Für die Probleme der Zeitungsbranche sieht
der Deutsche Journalistenverband in dem Internet-Portal aber keine
Vorbildfunktion: "Mit dem Geschäftsmodell der 'Huffington Post' lässt
sich weder die Zeitungskrise lösen noch trägt es dazu bei, dass der
Online-Journalismus profitabel wird. Ob Journalismus digital oder auf
Papier verbreitet wird: Er muss für die Journalisten so viel abwerfen,
dass sie von ihrem Beruf leben können."